Weihnachten steht kurz vor der Tür. Die Zeit, in welcher sich viele doch etwas näherstehen, als in der restlichen Zeit des Jahres. Familienfeste stehen an, Gedanken über kleine Aufmerksamkeiten oder Geschenke für die Nächsten, über Traditionen und Bräuche. Aber auch Gedanken über Unsicherheiten, potenzielle Streitigkeiten, Diskussionen, die in der Familie schon immer stattgefunden haben. Diskussionen die man nur allzu gut bereits kennt.
Wir kommen auf die Welt und machen uns ein Bild. Von der Umgebung, von den Menschen die um uns sind. Wir schauen herum, und lernen, wie die Dinge funktionieren. Wir lernen, wie unser Vater, unsere Mutter, unsere Geschwister ticken. Wie wir bekommen, was wir uns wünschen, wo sich Schwierigkeiten anbahnen, wie die Menschen um uns herum auf uns reagieren. Suchen unseren eigenen Platz.
Wir sehen, dass wenn die Grossmutter klagt, geholfen wird. Wir sehen wie gelacht wird, wenn unser Bruder ein Witz erzählt. Wir staunen über die Intelligenz der älteren Schwester, und über die Blicke, wenn der Onkel ein Glas über den Durst trinkt.
Wo kann ich brillieren, worin bin ich gut? Wie wirke ich auf meine Mitmenschen, wo erhalte ich Anerkennung? Wo werde ich gelobt, oder erhalte Aufmerksamkeit?
Vielleicht ist es meine Hilfsbereitschaft, die mich ausmacht. Vielleicht bin ich der Intelligenteste, vielleicht bin ich der Clown der Familie, vielleicht rebelliere ich gerne, vielleicht bin ich laut, ruhig, ziehe mich gerne zurück, oder liebe es meine Ideen der Welt zu verkünden. Und so findet jeder seinen eignen Platz, seine Position in der Familie.
„Jedes Kind gestaltet seine eigene Lebenslinie, aber immer in der engen Wechselwirkung mit den Bedingungen, die ihm die Familie bietet.“ Alfred Adler
Zusammenspiel der Charaktere
Gerade an einer Weihnachtsfeier treffen all diese Charaktere aufeinander. Situationen, die mich bereits in der Kindheit zur Weissglut getrieben habe, oder die mich überaus heiter und zufrieden stellen. Der Grossvater, der immer ein offenes Ohr und einen weisen Rat hat, der Onkel der Jahr für Jahr sein Leid klagt, die Schwester, die ungeduldig unter dem Tisch die Füsse gegen den Stuhl klopft und am liebsten den Raum sofort verlassen würde. Der nervige Cousin, der allen seine Meinung kundtun muss, oder die Tante die sowieso den halben Abend rauchend vor der Balkontüre steht, die lustige Cousine, die alle mit ihren Witzen zum Lachen bringt und den Raum aufheitert.
Traditionen, die unbedingt beibehalten werden möchten, weil sie dieses wohlige Gefühl auslösen, weil sie schon immer so waren, weil wir sie so kennen oder die uns gerade deshalb nerven, da wir sie schon oft genug durchgespielt haben. Die Geschichte, die vorgelesen wird, das Anzünden der Kerzen, die Reihenfolge der Geschenkvergabe, das Singen um den Baum, oder der Spieleabend danach.
Es ist unsere Familie. Die uns mitgeformt hat, die gewollt oder ungewollt einen Teil von uns ausmacht. Welche Rolle hast Du dir ausgesucht? Welcher Platz ist dein Platz in der Familie? Was hat dich geprägt?
Familienmottos, die uns prägen
An solchen Abenden tauchen oft auch Familienmottos wieder auf. Diese sind ob bewusst oder unbewusst mit Teil unseres Lebens. Sätze, die immer wieder gesagt wurden, die plötzlich im Kopf auftauchen. Der eine Satz, vielleicht sagst du ihn heute noch oft, vielleicht ist er bereits in Vergessenheit geraten. Sätze wie:
„Irgendwie geht’s immer.“ „Das Leben ist das, was du daraus machst.“ „Zusammen sind wir stark.“ „Einfach kann jeder.“ „Was uns nicht umbringt, macht uns stärker.“ „Jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt.“ „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“ „Wenn das Leben dir Zitronen gibt, mach Limonade daraus.“ „Ohne Fleiss, kein Preis.“
Fällt dir spontan ein Motto ein, welches du immer wieder gern zu sagen pflegst? Ein Motto welches dich motiviert oder zurückhält?
Familienmottos spiegeln zentrale Werte und Dynamiken einer Familie wider. Unser Lebensstil wird in der frühen Kindheit geprägt und entsteht unter anderem durch die Interpretation des Familienklimas und der Interaktionen mit der Familie.
Ein Motto wie „Zusammen schaffen wir alles.“ kann ein positives, unterstützendes Klima widerspiegeln. Ein Motto wie „Fehler werden nicht toleriert.“ können auf ein rigides und leistungsorientiertes Klima hindeuten. Die Interpretation liegt oft bei uns allein, prägen tun sie uns allemal. Wenn wir uns unseren Mottos bewusst werden, die Wirkung auf unser Leben realisieren und durchschauen, wo unsere Familienmottos stärkend sind, und wo sie uns im Leben zurückhalten. können wir entscheiden, wie wir die Prägung leben.
„Das Kind lebt in einem sozialen Milieu, das es sich nach seinen individuellen Möglichkeiten und Anschauungen deutet. Dieses Milieu ist die Familie.” Alfred Adler
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